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Die Muhlen des Herrn


Roland H. Wiegenstein hat sich bei der Lektüre "blendend unterhalten", und auch wenn zwischendurch eine gewisse Erzählroutine des in Sizilien sehr bekannten Autors durchscheine, sei das Buch "spannend erzählt". Dabei wundert sich der Rezensent, dass das Buch überhaupt ins Deutsche übersetzt werden konnte, zeichnen sich die Werke Camilleris doch durch eine "Mischung aus Dialekt und Hochitalienisch" aus, die kaum zu übertragen sei. Der Rezensent ist auch nur teilweise überzeugt von den Übersetzungsbemühungen, deren Anstrengungen er allerdings honoriert und deren altertümlichen Kanzleistil für die eingestreuten Aktenstücke und Behördenberichte er ausdrücklich lobt. Die Geschichte aus dem Sizilien des 19. Jahrhunderts mit seinen mafiösen Umtrieben und der Korruption mache allerdings deutlich, dass es "heute dort immer noch so zugeht", wenn auch mit anderen Waffen.


Die Mühlen des Herrn mahlen langsam. Und ein gewisser sizilianischer Mafioso, der sich an den Mühlen bereichert hat, gerät in arge Bedrängnis.
In Andrea Camilleris berühmt berüchtigtem Sizilien wird über Nacht eine ganze Mühle abgebaut, um die Staatskasse zu betrügen:
Giovanni Bovara, ein Genueser sizilianischer Abstammung, kommt im Auftrag des römischen Finanzministeriums in das Dörfchen Vigàta, um die Mühlen der Gegend zu überprüfen. Er mietet sich bei einer reichen Witwe ein und macht sich an die Arbeit.
Bald aber muß Signor Bovara lernen, wie hart das Leben sein kann, wenn man Wahrheiten auf der Spur ist, die den Mitbürgern nicht in den Kram passen.
Ein eifriger Inspekteur, eine schöne Witwe, ein sündiger Pfarrer und natürlich ein gerissener Mafioso: jeder will etwas anderes, keiner entkommt den Mühlen des Herrn.
Eine spannende Kriminalgeschichte voll theatralischer Komik.


Buchrezension
Beim Schachspielen kann der Zug des Springers entscheidend sein, vor allem wenn man mit der Macht dieser Spielfigur nicht angemessen rechnet und sie unsorgsam unterschätzt.
Und eben beim Springen über andere Figuren kann sich der Springer über Felder bewegen, die von anderen belegt sind.
So tut es Giovanni Bovara, Hauptfigur des 1999 veröffentlichen Kriminalromans von Andrea Camilleri „Der Zug des Springers“ bwz. „Die Mühlen des Herrn“, sodass er seine eigene Denkweise überspringt und gegen diejenigen gewinnt, die ihm eine Falle stellen wollen.
Von einem wirklichen Ereignis aus dem 19. Jahrhundert inspiriert, spielt die Handlung in der von Camilleri genannten Vigata, die eigentlich zu der Zeit des Geschehens Barrafranca (Sizilien) hieß, wo Bovara geboren wurde und von der er sich entfernte, nachdem seine Familie nach Genua umgezogen war.
Zudem spielt die Handlung auch in Montelusa, wohin der Finanzgeneraldirektor in Rom ihn sendet, um gegen diejenigen zu ermitteln, die die Steuer auf gemahlenes Getreide nicht bezahlen wollen.
Der unbestechliche Protagonist wehrt sich gegen die Mafia – Mentalität und bekämpft die sizilianische Gesetze des Schweigens, aber leider in einer ersten Phase des Romans ohne Erfolg. Hinterlistigkeit und Niedertracht des Mafianetzes führen zu einer meisterhaften Inszenierung, in der Bovara als Angeklagter eines Mordes auftaucht, bei dem er hingegen als zufälliger Zeuge anwesend war. Der einzige Ausweg für den Buchhalter besteht darin, dass er sich von seiner nördlichen Mentalität nicht mehr beeinflussen lässt und anfängt, auf Sizilianisch zu denken und zu sprechen, damit er sich in die Mafiadenkweise hineinversetzen kann und wie eine Schachspielfigur auf dem Spielbrett über andere Figuren springt, um sein Leben retten zu können.
Dank seiner beißenden Ironie und seines leichten Stils erzählt Camilleri von Wirklichkeitsmanipulation und Überwältigung so fesselnd, dass sich der Leser nichts anderes wünscht, als den Roman bis zum Ende zu genießen und sich vorzubehalten, eine folgende Vertiefung der Lektüre zu unternehmen, um kein Detail zu verpassen, das das Buch zu einem echten Vergnügen macht.
Stefania Cannitiello





Last modified Monday, July, 23, 2018